Elif Eralp über New-York-Wahl: „Ein sehr gutes Zeichen für Berlin“
Zohran Mamdani hat in New York mit denselben Themen gewonnen, die auch in Berlin „auf der Straße liegen“, sagt die linke Bürgermeisterkandidatin.
taz: Frau Eralp, inwiefern ist der Sieg ein gutes Zeichen für die Berliner Linke?
Elif Eralp: Das ist ein sehr gutes Zeichen, denn: Wenn in New York ein Linker gewinnen kann, warum sollte das in der deutschen Hauptstadt nicht gelingen? Er hat genau die Themen gesetzt, die auf der Straße liegen und die auch für uns wesentlich sind: die Mieten einfrieren, den öffentlichen Nahverkehr kostengünstig machen, Kinderarmut bekämpfen und für eine kostenlose Kinderversorgung sorgen. Mamdani hat es geschafft, trotz aller Kampagnen, die gegen ihn gefahren wurden, die Menschen zu begeistern und ihnen Hoffnung zu geben. Genau das wollen wir auch: den Menschen Hoffnung geben für einen echten Richtungswechsel, für ein bezahlbares Berlin für alle.
taz: Aber versprechen Sie nicht zu viel? Sie können zum Beispiel nicht, wie Mamdani, einfach einen Mietendeckel durchsetzen.
Eralp: Mamdani ist angetreten mit der Aussage, er wird jeden Tag versuchen, diesen Tag etwas besser zu machen als den Tag davor. Das ist auch mein Anspruch. Natürlich ist uns klar, dass ein General-Mietendeckel bei uns nicht möglich ist – das haben wir ja schon einmal versucht, aber das Bundesverfassungsgericht hat die Kompetenz dafür beim Bundestag gesehen und nicht in Berlin. Aber man kann für die knapp 400.000 landeseigenen Wohnungen sofort einen Mietendeckel einsetzen.
wurde 1981 in München geboren, kurz zuvor waren ihre Eltern aus der Türkei geflüchtet. Aufgewachsen ist sie in Hamburg, wo sie auch Jura studierte. Ab 2011 arbeitete sie für die Bundestagsfraktion der Linken als juristische Referentin. Eralp sitzt seit 2021 im Berliner Abgeordnetenhaus. Ihre Schwerpunktthemen: Mieten und Migrationspolitik sowie Antidiskriminierung. Im Oktober 2025 wurde sie zur Spitzenkandidatin der Linken für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2026 gekürt.
Und man kann parallel Maßnahmen treffen für die privaten Wohnungsunternehmen: zum einen die Vergesellschaftung der Groß-Vermieter wie Deutsche Wohnen und Co, zum anderen durch die Vorgabe, dass jede dritte Wohnung sozial abgegeben werden muss. Und wir wollen mehr sozialen, kommunalen Wohnungsbau. Insofern ist das bei uns nicht eine Forderung, so wie bei Mamdani, sondern es sind mehrere, die zusammen für bezahlbare Mieten sorgen sollen. Wenn Berlin die Politik nicht weiter an Konzerninteressen ausrichtet, ist es möglich, die Mietenspirale nach oben zu beenden.
taz: Was denken Sie: Wie weit hat Mamdanis persönliche Geschichte als Sohn von Einwanderern eine Rolle gespielt, zum Beispiel bei der Mobilisierung von migrantischen Wählern?
Eralp: Ich glaube, das hat bei ihm auf jeden Fall eine Rolle gespielt. Das Wichtigste war aber, dass alle Communitys bei der Kampagne mitgemacht und sich absolut committed haben auf diese drei zentralen sozialen Forderungen. Weil sie alle betreffen, egal welche Community. Nur dass die migrantischen Communitys besonders von Armut betroffen sind, von nicht-bezahlbarer Kinderbetreuung. Dazu kommen bei ihnen dann noch die Erfahrungen von Demütigungen, von Ausgrenzung, Rassismus. Insofern werden sich in Mamdanis Erfahrungen als Mensch mit Migrationsgeschichte viele Menschen wiedergefunden haben, das erleben ja sehr viele Menschen in New York.
taz: Und inwiefern wird das wohl bei Ihnen eine Rolle spielen?
Eralp: In Berlin ist es genauso: Die Menschen mit Migrationsgeschichte sind doppelt so häufig vom Armutsrisiko betroffen wie die anderen. Und die Freude darüber, dass jemand mit Migrationsgeschichte wie ich überhaupt kandidiert, habe ich schon in den Wahlkämpfen fürs Berliner Abgeordnetenhaus 2021 und 2023 erlebt. Viele Menschen haben mir gesagt: „Unglaublich, eine von uns wird jetzt Abgeordnete!“ Das ist etwas, was Migrant*innen sich gar nicht vorstellen können, denn die Erfahrung ist, dass sie eben nicht so leicht weiterkommen, ihnen immer Steine in den Weg gelegt werden. Kurz: dass sie es sehr schwer haben, in der Gesellschaft irgendwohin zu kommen.
Die vielen Berlinerinnen und Berliner mit Migrationsgeschichte – bei den jüngeren Menschen sind das über 40 Prozent – müssen wir jetzt begeistern und motivieren, mitzumachen bei unserer Kampagne. Um ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen und natürlich auch zur Wahlurne zu gehen. Als Linke wollen wir Partei der Hoffnung für alle Berlinerinnen und Berliner sein.
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